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Freitag, März 04, 2005

Zeichnung als Reportage

So heißt die Ausstellung, die noch bis zum 24. April in der Kunsthalle zu Düsseldorf zu sehen ist. Und die sollte man nicht verpassen, wenn man Zeichnungen im Allgemeinen, wozu dann ja auch Comics gehören mag. Schon bei der Begegnung mit den Exponaten bemerkt man das, was die Aussteller in ihrem Infotext schreiben: Die Zeichnung hat einen schweren Stand in der Kunstwelt und wird viel zu oft als 'Vorstufe' deklassiert und gerät gegenüber den etablierten Kunstformen wie beispielsweise der Malerei in's Hintertreffen. Ich kann mich auch an keine Ausstellunge erinnern, die ein solches Spektrum einer Kunstform gezeigt hätte. Um ehrlich zu sein, die meisten Ausstellungen mit Zeichnungen, die ich besucht habe, waren Comic-Ausstellungen. Hier kann man aber erleben, wie wichtig diese Ausdrucksform war und ist, hat sie doch vor allem vor der Erfindung von Kamera und Film dazu gedient, aktuelles Zeitgeschehen in Bildern festzuhalten. Jede Expedition und jedes Heer hatte seine Zeichner dabei, die die aktuellen Erfolge für die Nachwelt erhielten. Zeitungen bestanden aus Texten und Zeichnungen oder Radierungen. Daraus erfährt man dann ganz nebenbei, daß in amerikanischen Gefängnissen früher Gefangene durch 'Duschen' zu Tode gefoltert wurden. Das ist einer der 'interessanten' Nebeneffekte dieser Ausstellung, daß man so viel über ehemaliges Zeitgeschehen erfährt. Denn neben den offiziellen Arbeiten für Presse, Propaganda und Wissenschaft war die Zeichnung letzten Endes schon immer auch eine Möglichkeit persönliche Erfahrungen sehr unvermittelt festzuhalten. So kann man Zeichnungen von Häftlingen aus Konzentrationslagern, aber auch aus Guantanamo Bay sehen. Daneben gibt es die unterschiedlichsten Techniken zu bewundern, wie aber auch Werke, die schon leicht wahnsinnig wirken, wie die Zeichnungen des Autisten Wiltshire, der ein derart fotografisches Gedächtnis besitzt, daß er ganze Häuserzeilen perfekt aus dem Gedächtnis nachzeichnen kann, oder die Darstellungen aus Bergwerksstollen in Riesenformaten, bei denen kein Steinchen ausgelassen wird. Oder halt zeichnerische Dokumentationen in Form von Gerichtszeichnungen wie beispielsweise dem berühmten Bachmann-Prozess. Und Unterwasserzeichnungen. Und dokumentarische Comics. Unter anderem sogar von Chris Ware und Crumb und Sacco. Wie gesagt, es lohnt sich. Und die Ausstellung tut gut. Man merkt, wie arm die Kunst ohne die Zeichnung wäre. Mir ist sie eh am liebsten, das kann man sich ja denken. Aber selbst für mich war es doch erstmal neu, soviel davon auf einem Haufen zu sehen. Man braucht auch Zeit dafür. Nach zweieinhalb Stunden wurde das Museum geschlossen und wir waren noch nicht ganz durch. Also lieber zweimal gehen, nach der Hälfte ist nämlich der Kopf voll.
Nicht verpassen, wär schade drum.

Öffnungszeiten: Di-Sa 12 - 19 Uhr;
Sonn- und Feiertage 11 - 18 Uhr

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